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Verhandeln kann man lernen – Anspruch und Wirklichkeit in der Politik

Ein guter Politiker ist ein guter Verhandler – könnte man zumindest meinen. Verhandeln ist schließlich das täglich Brot eines Politikers – vor allem dann, wenn er an relevanten Schnittstellen agiert. Gesetzesbeschlüsse, außenpolitische Aspekte, innere Sicherheit, Sozialleistungen oder Wirtschaftsunterstützung – die Liste ließe sich beliebig fortführen, ob im Dialog mit Unternehmensvertretern, Parteifreunden, Regierungspartnern, Ausschussmitgliedern, EU-Mitgliedern oder Entscheidern im heimischen Wahlkreis. Ein gutes Verhandlungsergebnis kann für einen Abgeordneten ausschlaggebend sein und auch darüber entscheiden, ob er selbst noch einmal ins Parlament gewählt wird.

 

Der Ausgang von Verhandlungen kann für das öffentliche Ansehen und die Reputation der jeweiligen Person bedeutend sein. Wer erfolgreich aus einer Verhandlung herausgeht und dies auch in den Medien entsprechend gedeutet wird, hat an Image und Reputation gewonnen. In einer aktuellen Studie der Universität Potsdam wurde die Bedeutung von politischen Verhandlungen untersucht. In der ersten empirischen Erhebung auf diesem Gebiet in Deutschland wurden die Besonderheiten politischer Verhandlungen, Vorbereitung und die allgemeine Verhandlungsleistung von Politikern bewertet.

Verhandeln ist Politik – Politik ist Verhandeln

Das Ergebnis: Verhandeln spielt eine zentrale Rolle im Berufsfeld eines Politikers und ist fest mit dem Beruf verbunden. Das sehen nicht nur die befragten Politiker selbst so, sondern auch die Bevölkerung. Mehr als drei Viertel (75%) der Befragten gaben an, dass es für einen Politiker wichtig sei, ein guter Verhandler zu sein. Laut Studie machen rund 40 Prozent der Tätigkeiten eines Abgeordneten die Teilnahme an Verhandlungen aus. Dementsprechend hoch ist auch die öffentliche Erwartungshaltung an einen Politiker, wenn er am Verhandlungstisch Platz nimmt.

Verbunden mit der hohen Erwartungshaltung an Abgeordnete oder Minister gibt es oftmals allerdings auch die irrtümliche Annahme, dass es eben gerade jene Mandatsträger sind, die perfekt auf Verhandlungen vorbereitet sind. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Laut Studie hat ein Großteil (76%) der Politiker das Verhandeln schlichtweg nicht gelernt – weder in Ausbildung noch in Beruf. Sie agieren aus dem Bauchgefühl heraus. Das führt unweigerlich zu einer drastischen Diskrepanz zwischen jenen Politikern, die auf eine fundierte Verhandlungsausbildung zurückblicken können und jenen, welche ohne Vorkenntnisse in eine Verhandlungsrunde gehen. Hochrangige Politiker, vor allem auf internationaler Ebene, werden in regelmäßigen Abständen von professionellen Verhandlungscoachs begleitet und somit auf spezifische Situationen vorbereitet – und das aus gutem Grund. Politische Verhandlungen besitzen aufgrund ihrer Komplexität und anderen Faktoren wie Zeit und Umfang eine Sonderstellung. Die derzeit laufenden Brexit-Verhandlungen stellen ein gutes Beispiel dar. Verhandeln in der Politik ist meist langwierig und vor allem immer auch mit einer erhöhten Aufmerksamkeit in der Gesellschaft verbunden. Wer ungelernt und insbesondere mit einem schlecht vorbereiteten Team in eine solche Verhandlungsrunde einsteigt, zieht unweigerlich den Kürzeren und das oftmals spätestens bei den nächsten anstehenden Wahlen. Vor allem im Deutschen Bundestag hat eine Vielzahl der Abgeordneten keinerlei Erfahrung im strategisch ausgerichteten Verhandeln. Mehr als zwei Drittel (67%) der befragten Politiker gehen davon aus, dass Verhandlungstrainings am Anfang der politischen Karriere helfen könnten, auf diesem Gebiet mehr Kompetenzen zu erwerben.  Dadurch wächst vor allem auch der persönliche Unmut begleitet von einer gewissen Unsicherheit.

Fazit: Training ist die Basis für den Erfolg

Verhandlungscoachings und Trainings sind essentiell, um sich in komplexen Situationen behaupten zu können. 70 Prozent der befragten Politiker sind davon überzeugt, deutlich bessere Verhandlungsergebnisse erzielen zu können, wenn sie regelmäßig und professionell gecoacht werden. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass als Hauptgründe für schlechte Verhandlungsergebnisse eine unzureichende Vorbereitung und zu hoch gesetzte Ziele genannt werden.

Professionelle Verhandler im politischen Umfeld greifen daher regelmäßig auf vollumfassende Coachings zurück, die auf die spezifischen Verhandlungssituationen in einem hoch spezialisierten Umfeld zugeschnitten sind. Wer Verhandlungstechniken und Verhandlungspsychologie in all ihren Facetten beherrscht, schafft es, seine Interessen durchzusetzen und ein zufriedenstellendes, öffentlichkeitswirksames Ergebnis zu erzielen – und sichert sich als Abgeordneter auch die Wiederwahl.

 

Lesen Sie mehr zu unseren umfangreichen Verhandlungsseminaren auf den Seiten meines Instituts C4.

Mehr zu den Studienergebnissen der Negotiation Academy Potsdam finden Sie in diesem Working-Paper.


Bildquellen

  • Reichstagsgebäude Berlin: FelixMittermeier, Pixabay | CC 0 Public Domain

Thorsten Hofmann, C4 Center for Negotiation

Thorsten Hofmann ist Lehrbeauftragter für wirtschaftliches und politisches Verhandlungsmanagement und Krisenkommunikation an der Quadriga Hochschule Berlin. Er leitet das C4 Center for Negotiation.

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