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Die politische Verhandlungstaktik Donald Trumps: Win-Win ist für Pussies

Mit der Aufkündigung des geplanten Handelsabkommens TPP hat der neue US-Präsident eine Zeitenwende in der amerikanischen Handelspolitik eingeleitet. Selbstbewusst und zielstrebig treibt der reiche Bauunternehmer seine Pläne nach dem Credo „America first“ voran und wird offensichtlich bei anstehenden politischen Verhandlungen alles andere als diplomatisch agieren – mit Folgen für die gesamte Handelspolitische Weltordnung. Ein Blick aus der Verhandlungsperspektive.

Als Donald Trump schwungvoll seine Unterschrift auf das weiße Papier vor ihm setzt und anschließend jene schwarze Signatur gut sichtbar herumzeigt, platzt es fast in überwältigender Lautstärke aus ihm heraus. „Eine große Sache für den amerikanischen Arbeiter“, sagt der neue Präsident und lächelt zufrieden und mit Stolz geschwellter Brust in die zahlreichen Kameras der geladenen Pressevertreter. Zu diesem Zeitpunkt hat Donald Trump jegliche Bemühungen für die größte Freihandelszone der Welt zu Nichte gemacht. Kaum 10 Sekunden hat es gedauert, um den Ausstieg seines Landes aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP für endgültig zu erklären und zudem eine neue Ära in den Außenbeziehungen der einst so mächtigen Wirtschaftsmacht USA einzuläuten. Das von Trump beinahe Stakkato-artig herausposaunte „America First“ ist mehr als nur bloße Floskel. Es wird das politische und wirtschaftliche Geschehen der kommenden Jahre dominieren.

In seiner ersten Woche als neuer US-Präsident stehen vor allem wirtschaftliche Themen auf der Agenda. Trump, noch voller Schwung und Tatendrang, delegiert und unterzeichnet eifrig. Dekret für Dekret widerrief der neue Präsident zunächst die Teilnahme der USA an TPP dann die Abkehr von „Obamacare“. Der Mauerbau zu Mexiko? Beschlossene Sache. Die Wiederaufnahme des Baus umstrittener Ölleitungen? Kein Problem. Der Unterschrift per „Executive Order“ sei Dank.

Der Unternehmerische Gedanke auf politischem Parkett: Freihandel ist für Pussies

Die wenigen ersten Tage des US-Präsidenten sind stilprägend für den neuen Mann hinter dem mächtigen Holzschreibtisch im Oval Office. Trump fackelt nicht lange und agiert so, wie man es eher aus jenen Kreisen kennt, aus denen Donald Trump stammt und bestens vernetzt ist. „Einmal Unternehmer, immer Unternehmer“ sagt man oftmals – mit Blick auf den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten scheint es sich einmal mehr zu bewahrheiten, vor allem mit Blick auf die neue Handelspolitik aus Washington. Ohnehin macht Trump keinen Hehl aus seiner persönlichen Meinung über Freihandel. Etwas für Verlierer sei das, für Weicheier, für „Pussies“. Donald Trump fährt harte Linie und positioniert seine neue Handelspolitik medial geschickt – alles für die Interessen der amerikanischen Arbeiterklasse – seiner Wähler. Die Liste liest sich wie die Horrorvorstellung eines Großaktionärs: 35 Prozent Zoll auf importierte Autos aus Mexiko, Beschimpfungen von Importware aus China, das auf den Prüfstand stellen des Freihandelsabkommens NAFTA und die aktuelle Aufkündigung des TPP Abkommens. Puzzleteil für Puzzleteil fügt sich das Gesamtbild einer neuen Handelspolitik unter der Regentschaft des Multimilliardärs. Für Donald Trump steht Amerika im Mittelpunkt einer bilateralen Wirtschaftspolitik, denn anders als seine Vorgänger will der neue Mann im weißen Haus nicht mehr multilateral, also mit mehreren Ländern, verhandeln. Trumps Weg wird zukünftig bilateral ausgerichtet sein, so wie es der vermögende Präsident bereits mehrfach und vor allem im Wahlkampf angekündigt hat. Ein direktes Duell. Eins gegen Eins. Mit Folgen.

Nicht Fisch, noch Fleisch. Politische Verhandlungen sind nicht gleich wirtschaftliche Verhandlungen.  

Trumps Verhandlungsansätze in der neuen Ausrichtung der US-amerikanischen Wirtschafts- und Handelspolitik sind nicht neu, zumindest wirtschaftlich gesehen. Politisch leitet Donald Trump allerdings eine Zeitenwende ein und agiert dabei wenig politisch, eher wie der Chefeinkäufer eines Konzerns. Trump ist davon überzeugt, unternehmerische Erfolgsrezepte auf die politische Ebene übertragen zu können. Wenn die große Wirtschaftsmacht USA in direkten Einzelverhandlungen mit anderen Ländern steht, können die US-amerikanischen Interessen stärker durchgesetzt werden, so Trumps Kalkül. Damit etabliert Trump das, was man in wirtschaftlichen Verhandlungen gern als Einkäuferstrategie versteht. Die Interessen eines Einkäufers sind schwerer durchzusetzen, wenn große Verkaufsgemeinschaften auf der anderen Seite des Tisches sitzen, die einen Großteil der Produktionskette eines Produktes abbilden und damit sehr Machtvoll am Verhandlungstisch agieren können – ergo geht es bewusst in die Eins zu Eins Verhandlung, um gezielt aus jedem Einzeldeal bessere Konditionen herauszuholen und die Machtverhältnisse zu seinen Gunsten zu drehen. Das freut die US-Administration. Sie geht im Falle einer solchen Handelsausrichtung so oder so mit breiterer Brust aus der neuen Strategie. Mehr Verhandlungen bedeuten letztlich mehr Verwaltungsaufwand und zugleich einen höheren Mitarbeiterstab, da Partikularverträge auch mit entsprechenden Ressourcen überprüft werden müssen. Sie wird aufgepumpt. Statt einen Vertrag für die asiatische Region oder Südamerika muss nun mit jedem einzelnen Land ein Abkommen getroffen werden. Ein langwieriger und zäher Prozess. Aber auch eine Art Jobs zu schaffen.

Der Fehler von Trumps Verhandlungsstrategie liegt im großen Ganzen. Politik und Wirtschaft sind zwar eng miteinander verflochten und überlappen sich an vielen Stellen. Gerade mit Blick auf Mexiko bilden politische und wirtschaftliche Interessenlagen sogar eine Symbiose. Ein wirtschaftlich schwacher mexikanischer Staat kann sich z.B. den Krieg gegen die reichen und mächtigen Drogenkartelle nicht leisten. Diese fluten dann die USA mit Drogen. Der volkswirtschaftliche Schaden für die USA enorm. Den Kartellen sind Grenzen und Mauern egal. Sie haben andere Möglichkeiten ihre Ware in die Staaten zu transportieren. Das Beispiel zeigt, die Gemengelage ist fast immer eine andere als in Wirtschaftlichen Verhandlungen und meist komplexer. Die Abhängigkeiten vielfältiger. Die Verflechtungen und Auswirkungen außerhalb des eigentlichen Deals weitreichender.

Fazit vom Verhandlungsexperten Thorsten Hofmann

Donald Trump ist fest entschlossen, sein Amt so zu führen, wie er als Unternehmer sein Reichtum angehäuft hat. Ein Unternehmer zögert nicht lange und wartet auf den perfekten Deal. Gerade auf dieser Ebene ist der eingeschlagene Weg mit einem extrem hohen Risiko verbunden. Große US-Konzerne wie Apple und Microsoft profitieren von klaren Welthandelsregeln und brauchen zum Beispiel China als Produktionsstandort und als Absatzmarkt. Die vom neuen US-Präsidenten gecancelten Abkommen und angekündigten Einzelverhandlungen haben vor allem auch die Südamerikanischen Staaten nicht tatenlos zusehen lassen. So machte Mexikos Wirtschaftsminister Guajardo bei einem jüngsten Treffen in Washington deutlich, dass es eine beidseitige Abhängigkeit zwischen Mexiko und Amerika gibt und man seine eigene Position nicht unterschätzen werden. Potentielle Verhandlungspartner scheuen nicht davor, sich nach Alternativen umzusehen. Auch China wirbt vor dem Hintergrund des nun aufgekündigten TPP-Abkommens mit offenen Armen um neue Allianzpartner. Der Wettlauf hat begonnen.

 


Zu Abhängigkeiten in der Verhandlung und dem Aufbau von Alternativen erfahren Sie mehr in Seminar „Advanced Business Negotiator I – III“.


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  • Die politische Verhandlungstaktik: edar, Pixabay | CC 0 Public Domain

Thorsten Hofmann, C4 Center for Negotiation

Thorsten Hofmann ist Lehrbeauftragter für wirtschaftliches und politisches Verhandlungsmanagement und Krisenkommunikation an der Quadriga Hochschule Berlin. Er leitet das C4 Center for Negotiation.

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