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Drohung am Verhandlungstisch? So schalten Sie vom Reagieren ins Agieren

Human Resources Manager

Drohungen gehören nicht nur zur großen Politik – auch im HR-Alltag tauchen sie auf. Mit den richtigen Strategien lassen sich Konflikte entschärfen und Gespräche auf Kurs halten.

Donald Trump im Garten des Weißen Hauses, die Tabelle mit den neuen Zöllen in der Hand – das Bild eines einzigen Zettels ging um die Welt. Drohungen haben Sprengkraft. Drohungen bestimmen aber nicht nur den Ton in der aktuellen internationalen Politik. Im HR-Alltag begegnen sie uns nicht weniger wirksam: „Dann kündige ich.“, „Wir sehen uns vor Gericht“, „Dann gehen wir in die Einigungsstelle!“ Oder: „Dann machen wir eben dicht.“ Solche Momente können laut und eruptiv sein – und verlangen von HR-Profis, Ruhe zu bewahren und die Kontrolle zu behalten.

Wie lässt sich damit umgehen? Wie können Sie reagieren? Hier meine 8 Tipps dazu.

1. Lassen Sie Ihre Amygdala nicht hijacken

Auch ein schwieriger oder irrationaler Verhandlungspartner verhandelt mit Ihnen, weil er muss und weil er etwas von Ihnen braucht. Diese Abhängigkeit will er oft verbergen, um seine vermeintliche Macht zu wahren. Macht wirkt jedoch nur, wenn Sie das Spiel mitspielen, etwa als gelähmtes „Opfer“ oder als provozierter „Angreifer“.

Neuropsychologisch spricht man hier von einer „hijacked amygdala“, einer übersteigerten emotionalen Reaktion auf eine Bedrohung. Die Amygdala löst in Sekundenbruchteilen Reflexe aus, doch entscheidend ist: Handeln Sie kontrolliert statt automatisch.

Beginnen Sie mit bewusstem, tiefem Atmen in den Bauch, um Ihre Impulskontrolle zu stabilisieren. Bauchatmung aktiviert den Parasympathikus, senkt den Stresspegel und verschafft Ihnen den Moment, den Sie brauchen, um klar zu denken und dann besonnen den nächsten Schritt zu gehen.

2. Diagnostizieren Sie die Bedrohung

Manchmal treten Bedrohungen offen zu Tage. In anderen Fällen sind sie subtiler: „Weißt du, ich würde es sehr bedauern, wenn dies unserer Reputation schadet.“ Unabhängig davon ist es wichtig, dass Sie verstehen, was die Bedrohung ausgelöst hat, da die Ursache die Reaktion des Gegenübers gegebenenfalls bestimmt hat.

Der erste Schritt zur effektiven Bedrohungsdiagnose besteht darin, sich physisch und / oder psychisch aus der Situation zu entfernen. Sie könnten Ihrem Gegenüber vorschlagen, dass es Zeit für eine Pause ist, um den „Dampf“ aus der Situation zu nehmen.

Betrachten Sie als Nächstes die Motivation hinter der Bedrohung, die den Bedrohenden als einen dieser Typen identifizieren kann:

Das Opfer: Wenn sich Ihr Gegenüber frustriert oder beleidigt fühlte, ist die Bedrohung möglicherweise aus einem verletzten psychologischen Grundbedürfnis hervorgegangen, zum Beispiel, gehört und anerkannt zu werden.

Der Unsichere: Er weiß einfach nicht, wie er mit Ihnen verhandeln soll oder er hat keine Fähigkeiten hierzu gelernt. Das Einzige, was er kann, ist Drohen. Helfen Sie ihm, zu verhandeln.

Der Direkte: Er informiert Sie direkt über die tatsächlichen Einschränkungen, denen er ausgesetzt ist, oder über die starken externen Alternativen, die sie haben. Er bringt dies sprachlich zwar aggressiv an den Tisch, wird sich allerdings auch lösungsorientiert bei der Suche nach Optionen zeigen.

Der Bluffer: Er versucht, Ihre Abhängigkeit zu testen. Wenn dies der Fall ist, ist Bedrohung mehr Taktik als Realität. Reagieren Sie hier zu schnell nachgebend, haben Sie ihn erzogen. Er wird es immer wieder tun und Sie selbst für einen Bluffer halten.

3. Reduzieren Sie die Bedrohung

Hinter einer Drohung verbirgt sich etwas. Es ist ihr Job, dies herauszufinden. Auf keinen Fall darf die Drohung jedoch wiederholt oder ignoriert werden. Wiederholen führt zu einer Manifestation des Gesagten am Verhandlungstisch. Beim Ignorieren fühlt die Gegenseite sich nicht anerkannt und wertgeschätzt und reagiert gegebenenfalls mit noch stärkerer Aggression. Diesmal allerdings nicht durch das Thema ausgelöst, sondern durch ihr Verhalten. Und dies gleichgültig, ob es ein echtes Thema gibt oder die Drohung nur als Bluff genutzt wird. Noch weniger hilfreich ist eine Gegendrohung. Damit sind die beiden Verhandlungsparteien endgültig auf der Beziehungsebene und der Weg zum endgültigen Abgrund nicht mehr weit.

Wie gehen Sie also damit um, wenn ihr Gegenüber, zum Beispiel ein Betriebsrat, sagt „Wenn wir nicht sofort eine Zustimmung zu unserer Arbeitszeitregel bekommen, dann streiken wir.“ Diese offensichtliche Drohung muss sofort reduziert und versachlicht werden, in etwa so: „Es klingt, als wollten Sie sicherstellen, dass Ihr Anliegen ernst genommen wird. Lassen Sie uns schauen, wie wir den Punkt so gestalten, dass beide Seiten berücksichtigt werden. Welche Optionen sehen Sie, die Ihren Punkt sichern und gleichzeitig den Prozess nicht zu unterbrechen? Wir sollten uns zunächst auf unser gemeinsames Ziel fokussieren …“. Minimieren Sie eine Drohung, indem Sie mit eigenen Worten den Druck reduzieren und das Bild der realen Bedrohung aus dem Kopf Ihres Gegenübers nehmen.

4. Zeigen Sie Verständnis, aber kein Zugeständnis

Wie es auch HR-Teams überall lernen, besteht der beste Weg, mit einem „emotional Betroffenen“ umzugehen, darin, auf seine Beschwerden zu hören, seine Emotionen anzuerkennen und sich für seine Themen zu interessieren. Studien zeigen, dass Menschen in Konflikten, die ihre Emotionen ausdrücken und ihre Seite der Geschichte erzählen, mit den Ergebnissen zufriedener sind – auch wenn diese Ergebnisse nicht zu ihren Gunsten sind. Das Ausdrücken von Verständnis kann Spannungen entschärfen und das Risiko zusätzlicher Bedrohungen verringern. Achten Sie jedoch darauf, Tiraden nicht mit Zugeständnissen zu belohnen.

5. Steuern Sie die Verhandlung auf sicheres Terrain

Eine von Ihrem Verhandlungsgegenüber „direkt“ ausgehende Bedrohung kann legitime Machtquellen oder wichtige Bedürfnisse und Zwänge vermitteln.

Fragen Sie sich durch seine Drohung hindurch. Sie lenken damit auch das Gespräch von der Drohung weg und finden zusätzliche Informationen zu den dahinterliegenden Interessen, Motive und Bedürfnissen. Fragen bringen vieles an die Oberfläche. Sie können versuchen, die Motivation für die Bedrohung herauszufinden, indem Sie zum Beispiel fragen: „Weshalb könnte eine Klage für Sie eine bessere Option als die Fortsetzung unsere Gespräche?“

Das Ziel hierbei ist immer, die subjektive Macht oder die tatsächlichen Einschränkungen des Gegenübers zu bestimmen.

6. Labeln Sie die Verhandlungsbedrohung

Wenn sich herauskristallisiert, dass eine Bedrohung nichts anderes als ein taktischer Ansatz ist, um Sie einzuschüchtern, sollte Ihr Ansatz anders sein. Wenn Sie bei der Analyse feststellen, dass Ihr Gegenüber Sie versucht zu bluffen, lassen Sie ihn wissen, dass Sie sich für diese Art der Verhandlung nicht interessieren. Sie könnten einem „Bluffer“, sagen -, „Ich nehme diese Aussage als Drohung wahr. Tatsächlich halte ich Drohungen nicht für sehr produktiv. Lassen Sie uns gemeinsam darüber nachdenken, um eine tragfähige Lösung zu finden.“ Das Kennzeichnen – der Fachbegriff ist „labeln“ – einer Bedrohung als solche neutralisiert negative Absichten und stärkt Ihr Kontrollgefühl.

7. Nehmen Sie den zeitlichen Druck raus

Manchmal gibt es einfache Gründe für eine Drohung, die trotzdem nicht immer auf den Tisch kommen. Zeitdruck kann den Verhandlungsführer der Gegenseite veranlassen, zu einem Deal „Nein“ zu sagen oder zu drohen, obwohl es besser für ihn wäre, ja zu sagen. Deshalb stellen Sie sicher, dass alle Vertragsparteien ausreichend Zeit haben, alle Entwürfe, Vorschläge und Verträge zu prüfen. Wenn Sie eine Pause einlegen, haben alle Zeit dafür. Wenn Sie selbst eine Pause benötigen, nehmen Sie sich diese.

8. Seien Sie bereit zu gehen

Trotz Ihrer Bemühungen reagiert ein Angreifer manchmal nur auf eine klare Linie. Geben Sie in diesem Fall eine „Walk-Away“ aus. Wenn Ihr Gegenüber also weiterhin mit Drohungen arbeitet, sollten Sie ihn warnen. Warnen, dass es auch eine Grenze gibt.

Lösungen, die auf der Identifizierung von Interessen beruhen, treten häufig erst dann auf, wenn die Parteien die Möglichkeit hatten, ihre eigene Macht zu signalisieren und die Macht der anderen Partei zu bewerten. Zeigen Sie Ihre Stärke, wenn Sie mit einer besonders aggressiven Bedrohung konfrontiert werden, aber zeigen Sie Ihre Präferenz für eine Einigung im Rahmen der Verhandlung.

Mit diesen Werkzeugen können Sie sich wappnen, damit aus der Drohung keine Bedrohung werden wird. Wollen Sie mehr wissen oder haben Sie ein Thema, was Sie besonders interessiert? Dann schreiben Sie mir!


Den vollständigen Artikel, der im Human Resources Manager am 05.08.2025 erschienen ist, finden Sie hier.




Thorsten Hofmann, C4 Center for Negotiation

Thorsten Hofmann ist Lehrbeauftragter für wirtschaftliches und politisches Verhandlungsmanagement und Krisenkommunikation an der Quadriga Hochschule Berlin. Er leitet das C4 Center for Negotiation.

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