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Der letzte Eindruck bleibt: 4 Strategien für einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss

Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt. Dieses Sprichwort trifft auch auf Verhandlungssituationen zu. In jeder Verhandlung gibt es zwei Schlüsselmomente: Der Anfang und das Ende eines Gesprächs entscheiden weitestgehend über den Erfolg der Verhandlung. Psychologisch betrachtet ist der letzte Eindruck der Wichtigere. Er ist es, der das Urteil über das Geschehen besonders stark prägt. Denn egal, ob in einer Budgetverhandlung oder beim Kauf des neuen Autos – wer auf den letzten Metern nicht durchhält, macht sich seine mühsam erarbeitete Verhandlungsposition zunichte. Doch wie beendet man erfolgreich eine Verhandlung?

Für Verhandlungen gilt: Der erste Eindruck entscheidet, ob wir unser Gegenüber sympathisch finden und ihm vertrauen. Damit wird gleichzeitig auch der erste bedeutende Grundstein für eine erfolgreiche Verhandlungsführung gelegt. Bereits in meinem letzten Beitrag habe ich gezeigt, dass ich in Verhandlungen eine vertrauensvolle Beziehung brauche, um meine Strategie zielführend anzuwenden. Aber selbst wenn der Einstieg gelungen ist, sind für den Verhandlungserfolg die letzten Minuten ebenso entscheidend wie der Anfang eines Gesprächs. Wissenschaftler haben untersucht, dass der letzte Eindruck das Urteil nachhaltig beeinflusst: Denken Sie zum Beispiel an einen Kinobesuch, bei dem Sie einen Großteil des Films als langweilig empfinden. Doch der Twist am Ende ist packend und Sie empfehlen den Film weiter. In der Psychologie wird dieser Effekt auch als Rezenzeffekt (englisch recency effect) bezeichnet. Der Rezenzeffekt ist ein Phänomen, der das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Er tritt auf, wenn zuletzt wahrgenommenen Informationen aufgrund der besseren Erinnerungsfähigkeit stärkeres Gewicht verliehen wird als früheren Informationen. Wir erinnern uns also besonders gut an Informationen und Eindrücke am Ende eines Ereignisses. Der Grund: Es kommen keine weiteren Informationen, die das Vorhandene überschreiben könnten. Auf das Ende kommt es also an. Der Rezenzeffekt tritt bei fast allen Situationen auf die wir abschließend beurteilen. Dieses Wissen im Hinterkopf verleiht dem Ende einer Verhandlung eine zentrale Bedeutung. Wenn dies nicht berücksichtigt wird, kann es den vereinbarten Verhandlungsabschluss gefährden und hat auf jeden Fall negative Auswirkungen auf das geschäftliche Miteinander als auch zukünftige Verhandlungen. Drei Taktiken helfen Ihnen den gewünschten positiven Verhandlungsabschluss zu erreichen.

Der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner ist die Grundlage für einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss.

Für Verhandlungen ist der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung unerlässlich. Nicht aus Selbstzweck, sondern um Ihre Verhandlungsziele zu erreichen.  In einer Verhandlung muss ich eine Grundlage von Vertrauen etablieren. Ohne Vertrauen lässt sich mein Verhandlungsgegenüber nicht kontrollieren. Selbst wenn Sie privat mit Ihrem Gegenüber nicht unbedingt ein Bier trinken gehen würden, so ist es erfolgskritisch, dass Sie Vertrauen etablieren. Man spricht unter professionellen Verhandlern von dem Nutzen der „Taktischen Empathie“. Sie müssen in der Lage sein, die Emotionen ihres Gegenübers zu erkennen und interaktiv darauf eingehen. Dabei ist taktische Empathie kumulativ. Wenn erst am Ende der Verhandlung Empathie eingesetzt wird, führt das selten zum Erfolg. Zu unglaubwürdig wirken dann Verständnis und Einsicht. Viel zielführender ist es, dem Gegenüber während des gesamten Gesprächsverlaufs nonverbal wie mit Worten Empathie zu signalisieren und damit Vertrauen aufzubauen. Dann gelingt es mir, zu meinem Verhandlungspartner durchzudringen, Einsichten in seine Argumente und Forderungen zu erlangen, seine Motive zu verstehen und das Gespräch zu kontrollieren. Andersrum wird sich mein Gegenüber nur bei ausreichend Vertrauen auf meine Argumente einlassen und sich von dem Gesagten überzeugen lassen. Der kontinuierliche Einsatz taktischer Empathie erhöht also letztlich die Chance, meine Verhandlung erfolgreich zu beenden.

Nehmen Sie das Ende der Verhandlung selbst in die Hand und überlassen Sie die Kontrolle nicht Ihrem Gegenüber.

Für den Erfolg ist jedoch nicht nur ausschlaggebend, wer das Gespräch während der Verhandlung kontrolliert, sondern auch wer das Gespräch beendet. Besonders wenn die Verhandlung im aktuellen Gespräch nicht abgeschlossen wird, entscheidet die Kontrolle am Ende über die künftige Verhandlungsposition. Wer die Verhandlung beendet, symbolisiert Macht und Kontrolle über das Gespräch und kann damit die Oberhand in der weiteren Verhandlung gewinnen. Besonders bei telefonischen Verhandlungen sollte diese Taktik berücksichtigt werden, denn hier kann keine Mimik und Gestik eingesetzt werden, um Kontrolle zu signalisieren. Beenden Sie also das nächste Mal die telefonische Verhandlung und stärken damit nachhaltig Ihre Position. In meiner Zeit als Ermittler beim Bundeskriminalamt (BKA) haben wir diese Taktik mit Erfolg in schwierigen Verhandlungssituationen, Erpressungen und Geiselnahmen angewandt. In meinem Buch „Das FBI-Prinzip“ erläutere ich diese und weitere Verhandlungstechniken, die bei der Arbeit mit Geiselnehmern, Erpressern und Schwerstkriminellen eingesetzt werden.

Nutzen Sie die Erkenntnisse aus dem Gesprächsverlauf für die finale Verhandlungsphase.

Während des Gesprächs sammelt ein erfahrener und professioneller Verhandlungsführer wertvolle Informationen über sein Gegenüber. Diese Informationen können dann in der finalen Verhandlungsphase eingesetzt werden. Wer seinem Verhandlungspartner richtig zugehört hat, kann entsprechend reagieren und das Ende in die gewünschte Richtung lenken. Strebt das Gegenüber zum Beispiel nach Macht und Kontrolle, was bei dominanten Persönlichkeitsprofilen der Fall ist, kann folgender Satz zum Ziel führen: „Ich sehe schon, hier sind Sie machtlos.“ Dieser Satz steht im Widerspruch zu seiner Einstellung und seinem Selbstbild. Er wird versuchen seine tatsächliche Einstellung in einer Handlung darzustellen und diese Aussage zu entkräften. Hierfür wird Ihr Verhandlungsgegenüber vermutlich einiges in Bewegung setzen. Wir arbeiten in diesem Fall mit einem weiteren psychologischen Phänomen – der kognitiven Dissonanz (mehr hierzu finden Sie auch in meinem Verhandlungsbuch „Das FBI-Prinzip“). Eine andere Situation tritt ein, wenn das Gegenüber während des Gesprächs signalisiert, unbedingt eine Lösung finden zu wollen. Mit einem „Ich glaube ich kann nichts sagen, um Ihre Meinung umzustimmen“, signalisiert man Kompromissbereitschaft, ohne sich in die Karten schauen zu lassen. Jetzt ist der Gesprächspartner an der Reihe, seine Konditionen für den erfolgreichen Abschluss der Verhandlung zu nennen.

Bedauern Sie ihr gutes Ergebnis

Der Abschluss ist getan. Jetzt kommt ein letzter kritischer Punkt. Ihr Verhalten auf ihr erreichtes Verhandlungsergebnis führt auch zu der Beurteilung ihres Gegenübers hinsichtlich dessen, was er selbst erreicht hat. Deshalb liegt die Betonung immer nur darauf eine Lösung gefunden zu haben. Nicht darauf, dass diese für sie gut war (auch wenn sie optimal gelaufen ist). Bleiben sie kontrolliert. Verbal und Nonverbal. Zeigen Sie keine Freude. Bestätigen Sie ihr Gegenüber als guten Verhandler: „Wir haben gemeinsam eine Menge erreicht. Es war zwar kein leichter Weg aber man merkt Ihnen Ihre Erfahrung in schwierigen Verhandlungen an. Deshalb haben wir jetzt auch eine gemeinsame abschließende Lösung gefunden, die durch nichts mehr gefährdet werden kann. Danke!“ Kein Zucken. Nur noch eine Verabschiedung. Der Eindruck beim Gegenüber bleibt, dass er das optimale aus Ihnen herausgeholt hat (auch wenn das nicht so ist). Er wird das Ergebnis nicht mehr anzweifeln. Er wird es auch in seiner Organisation verteidigen. Das Vertrauen bleibt bestehen. In zukünftigen Verhandlungen lässt er sich noch besser steuern. Und Sie haben Ihren Verhandlungserfolg.

Fazit:

In einer Verhandlung zähl nicht nur der erste Eindruck. Auch die letzten Minuten entscheiden über den Erfolg einer Verhandlung. Schon während der Verhandlung sollte man das Ende im Blick haben und einige Punkte berücksichtigen: 1. Indem kontinuierlich taktische Empathie eingesetzt wird, können wir die Verhandlung kontrollieren und stellen die Weichen für einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss. 2. Für das Ende der Verhandlung ist es hilfreich, die gesammelten Informationen über seinen Verhandlungspartner zielführend zu nutzen. 3. Und für Verhandlungen, die über mehrere Gespräche andauern gilt: Wer das Gespräch beendet, signalisiert Kontrolle und verbessert seine Verhandlungsposition in weiteren Gesprächen. 4. Signalisieren Sie, dass Ihr Ergebnis nie ein Gutes war, auch wenn es optimal gelaufen ist. So stehen die Chancen wirklich optimal, die Verhandlung letztendlich erfolgreich zu beenden.


Foto:

  • Verhandlung:  rawpixel, Pixabay | CC 0 Public Domain

Bildquellen


Thorsten Hofmann, C4 Center for Negotiation

Thorsten Hofmann ist Lehrbeauftragter für wirtschaftliches und politisches Verhandlungsmanagement und Krisenkommunikation an der Quadriga Hochschule Berlin. Er leitet das C4 Center for Negotiation.

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