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Ausweg aus der Genderfalle: Wie Sie als Frau erfolgreich verhandeln

Hartnäckig hält sich die Hypothese, Frauen würden einfach schlechter verhandeln als Männer. Aber wie viel Wahrheit ist dieser Aussage zuzurechnen? Verhandeln Frauen und Männer tatsächlich unterschiedlich? Und mit welchen Taktiken und Instrumenten kann ich als Frau meinen Verhandlungserfolg verbessern? Dieser Blogbeitrag gibt Aufschluss.


In unserem beruflichen Alltag erleben wir immer wieder Situationen, in denen der Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Verhalten deutlich wird. Ein Beispiel: Vor dem Beginn eines Meetings muss zunächst der Beamer in Gang gebracht werden. Ein Mann fragt in dieser Situation direkt „Kann hier mal jemand das Gerät reparieren?“ – eine Frau hingegen versucht, zunächst selbst die Ursache zu finden. Und schon nehmen sich die Beteiligten ganz unterschiedlich wahr, was sich auf den Verlauf der nun folgenden Verhandlung auswirkt. Der Mann verhält sich aus Sicht der Frau aufgepumpt und arrogant, umgekehrt sieht der Mann im Kümmern der Frau eine Schwäche.

Dieses Beispiel weist Sie auf einen wesentlichen Punkt hin: Nicht (nur) die Unterschiede im Handeln von Männern und Frauen sind entscheidend, sondern vor allem die damit verbundene Wirkung. Diese unterschiedliche Wirkung kann sich unmittelbar auf den Verhandlungserfolg auswirken. Besonders offensichtlich wird dies bei Gehaltsverhandlungen, in denen Frauen regelmäßig schlechtere Ergebnisse erzielen als Männer. So verdienen Frauen in Deutschland auch im Jahr 2020 noch deutlich weniger als Männer. Seit Jahren liegt die geschlechtsspezifische Lohnlücke – Gender Pay Gap genannt – bei 21 Prozent. Dieser gewaltige Lohnunterschied hat unterschiedliche Ursachen und ist häufig auf soziokulturelle Normen und gesellschaftliche Machtstrukturen zurückzuführen. Allerdings gibt es ebenfalls die Hypothese, Frauen würden einfach schlechter verhandeln und wären somit selbst verantwortlich für ihr geringeres Einkommen.

Wie viel Wahrheit ist dieser Aussage zuzurechnen? Verhandeln Frauen und Männer tatsächlich unterschiedlich? Und mit welchen Taktiken und Instrumenten kann ich als Frau meinen Verhandlungserfolg verbessern? Dieser Blogbeitrag gibt Aufschluss.

Das Dilemma verhandelnder Frauen

Viele Studien belegen, dass Männer regelmäßig bessere Gehälter verhandeln als Frauen. Der derzeit dominierende und am besten bestätigte wissenschaftliche Erklärungsansatz für die Geschlechtsunterschiede in Verhandlungen ist die Theorie der Geschlechterrollen von Alice H. Eagly, Professorin für Psychologie und Management an der Northwestern University in den Vereinigten Staaten.

Sie definiert Geschlechterrollen als soziale Erwartungen darüber, welche Eigenschaften typisch und wünschenswert für Männer und Frauen sind. In vielen Kulturen sind diese Erwartungen eindeutig: Frauen sind empathisch, intuitiv und fürsorglich – Männer hingegen dominant, rational und durchsetzungsstark. Diese Erwartungen prägen das Individuum und wirken als „Vorschrift“ für das eigene Verhalten. Gleichzeitig drohen Sanktionen, wenn Frauen oder Männer von ihren Geschlechterrollen abweichen. Zu dominante Frauen gelten etwa als „schwierig“ oder „Mannsweib“, zu emotionale Männer als „schwach“ oder „Weichei“.

Die Problematik für verhandelnde Frauen wird hier bereits deutlich: Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit, Ehrgeiz und Dominanz werden in Verhandlungen geschätzt und belohnt. Sie sind jedoch männlich konnotierte Charakteristika und widersprechen den Erwartungen, die an Frauen gestellt werden. Verhält sich eine Frau „typisch“ weiblich in Verhandlungen, erzielt sie in ihrer zurückhaltenden und kooperativen Art wenig ökonomischen Erfolg. Verhandelt sie jedoch dominant und durchsetzungsstark wird sie für die Abweichung von ihrer sozialen Rolle negativ bewertet und erzielt –aufgrund der entstehenden Antipathie des Gegenübers – ebenfalls keinen Verhandlungserfolg. Ein klassisches Dilemma.

In der Praxis verhalten sich Männer und Frauen daher meist in vorauseilendem Gehorsam entsprechend der gesellschaftlichen Erwartungshaltung: In einer Studie von Amanatullah und Morris, in der Gehaltsverhandlungen simuliert wurden, zeigten sich Männer durchsetzungsstärker. Sie forderten zu Beginn der Verhandlung beispielsweise ein um rund 6400 US-Dollar höheres Jahresgehalt. Es zeigte sich außerdem, dass die Angst vor sozialen Sanktionen eine wichtige Rolle spielt: Frauen gingen davon aus, dass bereits relativ niedrige Forderungen von anderen Personen als zu anspruchsvoll wahrgenommen werden würden. Männer hingegen dachten, mehr fordern zu können, bevor es als unangemessen gelten würde.

Mit Instrumenten & Taktiken zum Verhandlungserfolg

Auch wenn die soziale Erwartung dem Verhandlungserfolg von Frauen im Wege steht, so gibt es dennoch eine Reihe von Instrumenten und Taktiken, mit denen Frauen ihr Verhandlungsergebnis deutlich verbessern können.

Vorbereitung ist alles

Wer mit präzisen Forderungen statt vagen Vorstellungen in die Verhandlung geht, wird erfolgreicher sein. Definieren Sie daher im Vorfeld ganz genau, was Sie in der anstehenden Verhandlung erreichen möchten und haben Sie Argumente in der Hinterhand, die Ihre Forderung untermauern. Um ungewollte Zugeständnisse zu vermeiden, definieren Sie Ihre „Walk-Away-Position“ – also Ihre Minimalforderung hinter die Sie unter keinen Umständen zurückgehen. 

Ebenso wichtig wie die sachliche Vorbereitung ist das positive Mindset. Viele Menschen nehmen Gehaltsverhandlungen als unangenehmen Konflikt wahr, in denen ihre Leistung und ihr Selbstwert zur Disposition stehen. Das ist nicht der Fall. Indem Sie die Verhandlung als Chance begreifen, losgelöst von Ihrem Wert als Person, können Sie unverkrampfter und fordernder in das Gespräch gehen.

Mentale Tricks helfen

Untersuchungen zeigen, dass Frauen unter einer Prämisse genauso gute Verhandlungsergebnisse wie Männer erzielen: Wenn sie nicht für sich, sondern für andere verhandeln. In Gehaltsverhandlungen kann es daher hilfreich sein, wenn Sie sich vorstellen, gleichzeitig für sich und Ihre Familie zu verhandeln. Falls Sie über ein hohes Abstraktionsvermögen verfügen, können Sie sich auch direkt vorstellen, für einen guten Freund zu verhandeln.

Weitere Experimente haben gezeigt, dass Frauen besser verhandeln, wenn sie sich an ein bereits erlebtes Machtgefühl erinnern. Versuchen Sie also, sich im Vorfeld von Verhandlungen in eine Situation zu versetzen, in der sie nach der eigenen Wahrnehmung Kontrolle und Einfluss über andere ausüben konnten. So können Sie gezielt Selbstzweifel ausräumen und selbstbewusster auftreten.

Taktische Empathie zahlt sich aus

Das Zeigen taktischer Empathie kann sich in Verhandlungen durchaus auszahlen. Idealerweise können Sie so das wichtige Vertrauen auf der Beziehungsebene aufbauen und gleichzeitig Ihre Selbstsicherheit betonen.

Wichtig ist, die Balance zwischen dem harten Verhandeln in der Sache und dem empathischen Umgang zu finden. Hören Sie aufmerksam zu und führen Sie Ihr Verhandlungsgegenüber mit Fragen, um Motive besser zu verstehen.

Behalten Sie immer Ihr Verhandlungsziel vor Augen und folgen der Strategie, die Sie vorbereitet haben. Gehen Sie die schwierigen Punkte gleich als Erstes an und bleiben Sie bei unerwarteten Querschüssen Ihres Gegenübers höflich und ruhig. Trauen Sie sich, hohe Forderungen freundlich aber bestimmt in die Verhandlung einzubringen.

Übung macht die Meisterin      

Frauen mit größerer Erfahrung im Verhandeln, erzielen nachweislich bessere Ergebnisse. Wie in allen Lebensbereichen zahlt sich gezieltes Training also aus.

Eine Bemerkung zum Schluss: Der Blogbeitrag fokussiert auf die Verhandlungsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Dabei soll deutlich werden, dass es um zwei sozialkonstruierte Pole geht, die „typisch“ männliches und weibliches Verhalten beschreiben und welche die komplexe Wirklichkeit nur unzureichend wiedergeben.


Quellen

Bildquelle:

  • Pexels; bongkarn thanyakij | CC 0 Public Domain

Die Autorinnen

Anja Feuerabend verfügt über langjährige Erfahrung sowohl bei der Positionierung von Unternehmen und Management als auch in der Krisenkommunikation, bei der Strukturierung und Umsetzung interner Change Management-Prozesse sowie in internationalen Kommunikationsprojekten. Anja Feuerabend ist Shareholder und Mitglied des Boards des internationalen Kommunikationsnetzwerkes ECCO Internationale Public Relation Network Ltd. Ihr Leben besteht nach wie vor aus Verhandlungen mit zahlreichen Geschäftspartnern.

Nicole Heyder betreut seit 15 Jahren Kunden in den Bereichen des Krisenmanagements und der Krisenkommunikation. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen in der strategisch-kommunikativen Beratung in akuten Krisensituationen sowie in der Wissensvermittlung in Form von Seminaren und Trainings. Als Leiterin eines auf nationale und internationale Reputationskrisen spezialisierten Krisenteams führt sie tagtäglich erfolgskritische Verhandlungen.

Weiterführende Literatur:

Mehr zum Thema finden Sie hier: https://www.marie-von-mallwitz-verlag.de/Jetzt-schon-vorbestellen-Frauen-und-Gehalt.-So-verhandeln-Sie-gelassen-und-erfolgreich__BRq5.html